Warum ich von Monokel-Pop durch einen Zeitriss in der Endzeit landete

//Warum ich von Monokel-Pop durch einen Zeitriss in der Endzeit landete

Warum ich von Monokel-Pop durch einen Zeitriss in der Endzeit landete

(5. Nordbadisches Steampunk-Picknick)

Och je ist das kalt! Eingemummelt in einer Decke, versuche ich es zu ertragen. Schlecht kann ich verlangen, dass die Anderen in der Hitze eingehen, nur weil ich die Klimaanlage im Auto nicht vertrage…^^ Ich bin auf der Fahrt nach Karlsruhe zum 5. Nordbadisches Steampunk-Picknick. Relativ spontan und alles andere als ausgeschlafen, von Freitag bis Sonntag waren „leider“ nur 8h Nachtruhe gegeben. Nachdem ich aber mehrfach von verschiedenen Leuten gefragt (naja eigentlich eher aufgefordert worden bin) ob ich kommen, musste ich dem Gefühl nachgeben, dass ich Freunde habe, die tatsächlich „Wert“ auf mein Erscheinen legen.

Das Navigationsgerät gibt noch 15 Minuten Fahrzeit vor. Ich grabe mich mühsam aus meiner Decke hinaus in die Kälte des Autos (18 °C). Irgendwo in den Tiefen des Fußraumes sollten doch… achja… da sind ja meine Schuhe! Wir fahren in das empfohlene Parkhaus. Noch bin ich skeptisch, dass man hier wirklich greifbar nah an der Veranstaltung für 2 Euro den kompletten Tag parken kann. Auf jeden Fall hat das Parkhaus Charm. Die einzelnen Areale sind durch verschiedene Tiere und Farben gekennzeichnet. Für solche liebevollen Details bin ich ja stets zu begeistern 😊

Trotzdem bin ich unruhig, es ist bereits halb eins, das heißt, dass die Begrüßung schon begonnen hat. Doofes „Stopp and go“. Noch nie war ich im Schlosspark, also wo müssen wir genau hin? Da fällt mir ein Stein von Herzen, das halbe Parkdeck wird noch von offensichtlich gleichgesinnten durchwuselt. Also aussteigen, einschnüren, Fascinator noch ins Haar und unauffällig hinterher. Tatsächlich ist das Parkhaus so unmittelbar an der Veranstaltung, dass ich es fast bereue nicht noch mehr Schnick-Schnack mitgenommen zu haben. Unauffällig stellen wir uns zu der gespannten Menge, die bereits  den Worten von Azaeaha Ye Sidhe folgt. Sie ist eine faszinierend präsente Persönlichkeit und gehört zusammen mit Michael de Tempore und Peter von Heim zu den Veranstaltern. Es werden alle herzlichst begrüßt und nochmal über das Programm aufgeklärt. Zudem wird uns die Ehre angekündigt unsere Zeit mit einer Lebensgroßen Zwergschlammelfe zu teilen. Zwergschlammelfen sind die Szenemaskottchen bzw. die Adoptivkinder der Steampunks.

Trotz der tollen Begrüßung kann ich meine Blase leider nicht weiter ignorieren und renne erstmal ein bisschen orientierungslos durch den Park auf der Suche nach einer Toilette. Auf dieser Suche entdecke ich zumindest schonmal das vorbereitete Plätzchen für unsere Picknick. Später stellte sich auch heraus, dass es von dort nur einen Zwergschlamelfenschritt zum WC gewesen wäre. Naja, ich habe es noch zeitig gefunden. Und zum Glück, kann ich noch einen Platz im Schatten mit guter Sicht auf die „Grasbühne“ ergattern. Da wird er auch schon angekündet: Daniel Malheuer. Nach eigenen Angaben Monokel-Pop Künstler. Ihr könnt euch darunter nichts vorstellen? Gut, ich versuch es mal zu beschreiben: Stellt euch einen mittelgroßen,  aus der Sicht der Anfänge des 20.Jahunderts adrett gekleideten Mann mit Schnurrbart und Monokel vor, der vor einem altertümlichen Mikrofon steht. Neben sich hat er einen Plattenspieler aufgebaut. Die alten Schellackplatten dienen als Untermalung seiner Stimme, die sich mit Max Raabe vergleichen lässt. Seine Texte sind humoristisch, leicht anstößig und gesellschaftskritisch zu den 20er. Diese Kombination lässt das ganze auch ein bisschen an ein stilvolles Kabarett denken. Meiner Ansicht nach, absolut empfehlenswert! Er ist auch auf den gängigen Internetplattformen bei Interesse zu finden. Nach einer kurzen Einstimmung durch den Monokel-Pop Künstler, geht das Programm mit einer Demonstration durch die Veranstalter weiter: Selbstverteidigung mit zu Hilfenahme von Schirm, Gerte und Hutnadel. Anschließend werden auch Personen aus dem Publikum animiert, sich selbst an den gezeigten Techniken zu probieren. Leider traue ich mich nicht mitzumachen, es sieht aber sehr spaßig aus.

Durch die ausführlichen Erklärungen, fühle ich mich auch so bereit, mich in Zukunft mit meiner Gerte im Alltag zu verteidigen 😊

Es wird nochmals darauf verwiesen, dass nach dem erneuten Auftritt von Herrn Malheure eine Zugfahrt durch den Park folgt, inklusive einer kleinen Unvorhersehbarkeit. Ochje, ich bin doch so schrecklich neugierig, so kann ich mich nicht mehr zu hundert Prozent auf die Musik einlassen. Und dann ist es so weit, auf zum Zügchen. Ja, durch den Schlossgarten in Karlsruhe fährt tatsächlich ein  Zug, klassisch gezogen durch eine kleine Dampflok. Zu fünft mit einem Hündchen auf zwei kleinen Holzbänken wird die Sache sehr kuschelig. Vor allem darf man die ausladenden Röcke zwei der Damen nicht vergessen. Und es ist tatsächlich schön und gut so. Das ist, was ich an dieser Szene so unfassbar sehr schätze: Egal das die anderen mir bis dahin fremd waren und vermutlich keiner von uns richtig gut gesessen ist, lacht und schwatzt man gemeinsam. Keiner stellt extra Ansprüche, egal welches Alter, Gesellschaftsschicht oder ähnliches. In unseren Steampunksachen sind wir alle gleichgestellt und ich glaube auch froh unserem verbitterten „Alltags-Ich“ mal zu entfliehen. Ich bin mittlerweile sieben Jahre in der Szene und es gibt einfach keine wirklich schlechte Stimmung, geschweige denn handfeste Konflikte. Ich schweife ab, genauso wie auf der Zugfahrt. Faszinierend wie groß dieser Park ist. Lustiger Weise habe ich während der Fahrt das Gefühl die „normalen“ Leute im Park mal mehr anzuglotzen wie sie mich. Zugsafari 😀

Huch, der Zug macht einen Ruck. Ein großes Schild springt mir ins Auge: „ZEITRISS“ steht darauf. Ich spüre ein kribbeln im Bauch wie sonst im Freizeitpark in der Achterbahn, wenn man fast bis zum höchsten Punkt hochgezogen wurde. Ich drehe den Kopf und erschrecke mich etwas. Einen leicht irren Blick hat die Lady im Endzeit Outfit aufgesetzt, in der Hand eine gefährlich aussehende Waffen. Sie sieht aus, als wäre sie direkt aus dem Film „Mad Max“ durch einen Farbfilter hier gelandet. Auf einmal vernehme ich liebliche Musik, sehr konträr. Doch der Zug rollt noch etwas bevor er stoppt. Somit wird mir die Musik durch eine tanzende Gruppe Mittelalterleute sinnig. Links von mir wird getanzt, rechts von mir findet ein erbitterter Schwertkampf statt. Selbst als Zeitreisende bin ich äußerts überrascht und fasziniert von diesen Impressionen. Damit dies auch ein ordnungsgemäßer Zeitsprung ist, werden unsere Papiere kontrolliert. Nach einer Weile setzt sich der Zug wieder in Bewegung. Wieder an der Station angekommen bin ich immer  noch total begeistert. Jetzt erhalte ich sogar noch ein Zertifikat für diese Zeitreise. Das Aetheramt persönlich wartet am Bahnhof.

Nach diesem atemberaubenden Programm komme ich nun erst dazu mir mal einen richtigen Überblick zu verschaffen, wer alles zu Gegend ist. Mittlerweile barfuß (Blasen ☹) laufe ich von Picknickplatz zu Picknickplatz. Der Hammer Tag klingt aus, mit Keksen und Freunden. Ich hätte nur auf die unhöflichen Paparazzi verzichten können.

By |2018-07-05T20:14:33+02:004. Jul. 2018|Allgemein|0 Comments

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