Einen Mitarbeiter finden

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Einen Mitarbeiter finden

Auf meine Stellenanzeige melden sich insgesamt acht Personen. Alle bekommen von mir postwendend eine Antwort. Ich will allen die Möglichkeit geben sich zu präsentieren, auch wenn drei Bewerbungen nahezu eine Katastrophe sind. Schließlich heißt eine schlechte Bewerbung ja nicht, dass man nicht nähen kann. Hier (LINK) trotzdem ein paar Tipps zur Bewerbungen, um Leute zu überzeugen, die meine Mentalität nicht teilen.

Der erste Bewerber ist ein Mann. Er hat eine nette großväterliche Ausstrahlung. Vor 35 Jahren habe er als Näher im Betrieb seiner Eltern in der Türkei mitgearbeitet, erzählt er mir. Jetzt nähe er immer noch als Hobby für seine Enkelkinder, fährt er mit seinen begeisternden, strahlenden Augen fort. So weit so gut, jemand der für die Sache brennt. Ich lege ihm ein Schnittmuster von einem klassischen Blazer vor und frage ihn, wie er denn mit so einem Schnittmuster verfahren würde. Das Strahlen aus seinen Augen verschwindet, er stockt kurz. Ich fühle mich schlecht deshalb, auch wenn ich ja nichts Falsches mache. Schließlich muss ich wissen, wie sein Wissensstand tatsächlich ist. Offen und ehrlich antwortet er nach einem Schlucken trocken: „ Ich kann ihnen nur sagen, dass das ein Schnittmuster ist.“ Ich bin enttäuscht, schiebe dies aber von mir: „Können sie denn erahnen, was hier vielleicht Vorder- oder Rückteil ist?“. Er schaut das Blatt nicht nochmal an, sondern antwortet direkt mit einem „Nein“. Er scheint sich zu schämen. Ich beschließe die Situation aufzulockern und führe ihn durch die Firma. Dies scheint ihn sehr anzustrengen. Auch wenn er erst Ende 50 ist, wirkt er wie ein Mann der viel erlebt hat. Und wohl auch einiges Belastendes, was ihn leicht gebeugt gehen lässt. Aber davon abgesehen, ist seine Stimmung wieder locker und interessiert. Fasziniert lauscht er meinen Erklärungen. Schließlich im Textilbereich angekommen, wo ich eine Übungsarbeit bereitgelegt habe, muss ich wieder auf das Bewerbungsgespräch zurückkommen. Der Blazer, dessen Schnitt ich ihm bereits im Büro gezeigt habe, liegt in Orginalgröße als Stoffzuschnitt auf dem Tisch. Als er das sieht wirkt er wieder bedrückt. Ich sage ihm, dass das die Übungsaufgabe ist und ich ihm jetzt erklären würde wie die Teile zusammengehören und er am besten vorgeht. Die Besorgnis in seinem Gesicht wird größer, deshalb füge ich an, dass ich mit im Raum bleibe und er gerne Fragen stellen kann. Er schüttelt den Kopf: „Ich kann das nicht“ Er bedankt sich für meine Zeit, beziehungsweise entschuldigt sich, dass er sie verschwendet hätte. Ich beschwichtige ihn und versichere die Freude meinerseits seine Bekanntschaft gemacht zu habe. Die Türe hinter ihm schließt. Ich bin erleichtert und besorgt zu gleich. Für mich war immer klar, dass man sich in der Position des Bewerbers schlimmer fühlt, aufgeregter ist. Aber das war wirklich schrecklich für mich. Am liebsten hätte ich dem Mann gesagt, dass er gerne hier einfachere Arbeiten übernehmen kann, ich ihn gerne einstelle, weil ich dieses Leuchten in seinen Augen gesehen habe. Aber es geht nun mal nicht und zum Glück hat er das von sich aus gemerkt.

Der nächsten Bewerberin musste ich nämlich erklären, dass sie leider zu unerfahren ist. Ich kam mir unfassbar blöd vor mit meinen 24 Jahren einer 46jährigen das ins Gesicht zu sagen. Hoffentlich war sie Jemand der das Alter nicht sieht.

Zudem musste ich noch die Erfahrung machen, die wohl jeder macht, der Mitarbeiter sucht. Von den acht Leuten kamen gerade mal drei zum eingeladenen Vorstellungsgespräch. Von den anderen fünf hat auch nur einer abgesagt…

Die letzte Bewerberin war klasse. Klar wäre mehr mitgebrachte Erfahrung nicht schlecht gewesen. Aber sie war offen, freundlich, leidenschaftlich, lernbegierig und schien gut in unser Team zu passen. Wir hatten unsere Arbeiterin gefunden. Problem an der ganzen Sache: An ihrem ersten Arbeitstag tauchte sie einfach nicht auf und ist auch bis heute nicht mehr für uns erreichbar gewesen…

By |2018-04-26T01:00:21+02:0017. Aug. 2017|Allgemein|0 Comments

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